Gedichte

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Der Tag

jetzt ist er da

der Tag

ist er mir wichtig

bin ich noch derselbe



egal

morgen ist er vorbei

in einem monat bereits geschichte


ich bin immer noch ich

das zählt


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Der Tag

jetzt ist er da

der tag


ist er mir wichtig

bin ich noch derselbe


egal

morgen ist er vorbei

in einem monat bereits geschichte


ich bin immer noch ich

das zählt


Sprint

Voller Konzentration

Nach vorne schauen

Alle neben dir wollen das Gleiche

 

Tausendmal auf die Linie geschaut

Tausendmal den Startblock gebaut

Volle Konzentration

 

Das Kommando, den Steiß hoch, der Schuss

Die Anspannung entlädt sich

 

Was ist der Körper, was Bewegung

Nach vorn, nach vorn

Nichts zählt sonst

Die Ziellinie ein Abgesang

Sprint

Voller Konzentration

Nach vorne schauen

Alle neben dir wollen das Gleiche

 

Tausendmal auf die Linie geschaut

Tausendmal den Startblock gebaut

Volle Konzentration

 

Das Kommando, den Steiß hoch, der Schuss

Die Anspannung entlädt sich

 

Was ist der Körper, was Bewegung

Nach vorn, nach vorn

Nichts zählt sonst

Die Ziellinie ein Abgesang

Kollegen 

Kollegen sein

 

auf Arbeit

 

beim Laufen

 

ist gut



Kollegen sein


über die Jahre weg

 

wenn Not am Mann ist

 

ist besser



 

Kollegen sein

 

ist der Beginn

 

Mensch sein

 

ist alles, was zählt

Widmung für Jürgen Conrads; September 2022


Eine Zahl
 für Regina

Eine Zahl nur

Macht sie mich aus?

Was sagt sie?

 

Eine Zahl nur

Wie viele andere auch

Bedeutsam?

 

Der Zahl geb ich’s

Bleu ihr ein

Sag, wer ich bin

 

Alles, alles

Bin ich, weiß ich, hab ich

Nur keine Zahl

 

Nur eine Zahl

Sie lässt mich kalt


Nachts auffem Fahrradweg
Was fürn Wort, auffem. So ähnlich wie zune, manchmal auch zuene, mit spezieller Betonung auf dem ersten e. Wers nicht versteht: da ist etwas geschlossen, zu eben. Ja, und auffem; da ist man eben drauf, auf dem Radweg oder wo auch immer. Aber darum geht’s ja überhaupt nicht.
Es geht um das Gefühl – neudeutsch feeling – beim Laufen. Auf dem Radweg. Entlang der Enz. Es kann natürlich gerne auch ein anderer Fluss sein. Aber ich habe eben dieses feeling an der Enz. Besonders da. Jawoll. Und es muss Nacht sein. Also nicht so Nacht, wie damals der Wellington, als er auf den Blücher. Ne, so nicht. Schon anders.
Ja. Was wollte ich jetzt sagen? Also: ich beim Laufen, an der Enz, bei Nacht. Drei Elemente, wenn man mich dazu nimmt, sogar vier. Wenn ich ein Element bin. Habe ich noch nie drüber nachgedacht. Aber klar, könnte man ja.
Egal. Es geht um das Gefühl. Wie soll ich das jetzt ausdrücken?


Fangen wir vielleicht ganz von vorne an. Ist sicher auch das Beste. Also: Training ist fertig, du bist gestiefelt und gespornt. Klingt ein bisschen seltsam, wenn man bloß Laufschuhe und Sportkleidung anhat. Hat aber was, so ein Ausdruck. Klingt ein wenig martialisch. Also, du bist startklar – also ich natürlich. Ich rede ja von mir, wie das bei dir ist, weiß ich ja nicht. Aber ich sag jetzt eben mal immer du. Und du sagst: tschüss denn, ich lauf noch ein paar Kilometer, will jemand mit? Will natürlich keiner, die sind ja fertig mit dem Training. Aber da geht’s eben los, das feeling. Allein durch die Blicke. Da denkst du dir: die halten dich jetzt alle für bekloppt. Dass du hier in der Dunkelheit auf dem Radweg – schon klar, ne. Aber gleichzeitig denken die auch: Respekt. Der alte Sack läuft jetzt noch zehn Kilometer, und rennt sich dabei nichtmal die Birne ein. Und steckt das alles so locker weg, und ist noch nichtmal langsam dabei. Was weiß ich, was die alles denken. Aber das ganz bestimmt. Und da fängts einfach an, das feeling. Und das tut schonmal gut, richtig gut.
Und dann läufst du los. Über die Brücke, links rum, immer geradeaus. Zwei, drei Autos fahren vorbei. Nach dem Sportplatz von den Rugby-Jungs wechselst du quasi die Ebene. Nach den letzten Laternen. Nur noch der Radweg. Die paar Schlaglöcher und Unebenheiten kennst du im Schlaf. Oder eben im Dunklen.
Es ist Wahnsinn, welche Sinne du entwickelst. Du läufst und läufst und weißt ganz genau, wann du auf die andere Seite wechseln musst, weil es auf der vorherigen Seite uneben wird. Oder so. Du kennst die Bodenwellen, die dunklen Stellen. Und das gibt dir auch so ein Gefühl. Ist es Überlegenheit? Ist es …?

Weiß nicht. Ich muss noch mehr beschreiben.


Da kommen die Übergänge im Nachbardorf, vorbei am Stadion. Die Kurven, wenn es richtig ins Gelände geht. Die Kühle der Nacht, die du dann richtig spürst. Wie du merkst, dass du nicht zu langsam werden solltest, um nicht auszukühlen. Und du merkst, dass du trotz deines Tempos vollkommen sicher läufst. Da hast Du das auch aussem Kopp, dass da ein Stein liegen könnte oder so. Egal, den kickst Du einfach weg, wenn da einer … Da bist Du schon drüber weg.
Du läufst nicht im Tunnel, sondern in einer Mischung aus Ortskenntnis und Sicherheit, Vertrauen Dir selbst gegenüber. Selbstsicherheit, Selbstvertrauen – das ist gut.
Da kommt die Holzbrücke, die immer einen so hübschen Klang macht. Der dunkle Weg mit dieser einen Bodenwelle, die du genau kennst und trotzdem nicht immer verorten kannst. Du kämpfst jedes Mal mit ihr – und gewinnst. Dann die Unterführung. Beine heben – das ist Garant Nummer eins, um nicht zu fallen. Du kommst Dir manchmal ein bisschen doof vor, wie einer auf Stelzen, aber egal – das gehört hier einfach dazu. Dann das zweite Dorf. Es beginnt immer ganz verhalten, ein Gebäude nach dem anderen kommt hinzu. Ganz vorne rechts feiern sie manchmal ein wenig, hundert Meter weiter liegt noch der Geruch vom Hähnchenwagen in der Luft. Dann der Kreisverkehr, den du wie immer regelwidrig überquerst.
Dann kommt die letzte Gerade, ordentlich beleuchtet. Danach die Wende auf den oberen Weg. Der ist wieder dunkler und führt dich zurück ins Off. Du läufst wie in Trance. Unter der Bundesstraße durch, über die Enz hinweg. Da liegt wieder die weite Ebene, Flusslandschaft. Bei Tag treffe ich da häufig Reiher. Ob die auch bei Nacht da sind, so nahe am Weg?
Der Rückweg mit seinen Wechseln zwischen Licht und Dunkel. Alles vorhin schon gehabt, nur eben anders herum. Doch jetzt ist es noch ein wenig mehr Nacht.
Und du hast so total abgeschaltet. Die Sinne geschärft. Du hörst das Flügelschlagen von Motten, könntest durch Stahlplatten hindurchsehen. Du bist nicht müde.
Der ganze Tag ist bewältigt. Wer und was dir bei Tage begegnet ist; alles verarbeitet. Alles nicht mehr so wichtig.
Hej, du läufst durch die Nacht. Das macht nicht jeder. Aber du. Weil du es kannst und willst. Weil du diesen Willen aufbringst, das Können kommt von alleine. Du machst das, weil du es kannst. Das kommt vom Kopf her, die Beine, der Körper: das sind nur Werkzeuge.
Da sind wir wieder beim Gefühl. Frag dich, was du die ganze Zeit gedacht hast. Du wirst es kaum sagen können. Frag dich, was für ein Gefühl du hattest, du wirst es nicht benennen können.
Aber du hast es, das Gefühl. Und das ist gut.


30. August 2022

Nachts auffem Radweg
Was fürn Wort, auffem. So ähnlich wie zune, manchmal auch zuene, mit spezieller Betonung auf dem ersten e. Wers nicht versteht: da ist etwas geschlossen, zu eben. Ja, und auffem; da ist man eben drauf, auf dem Radweg oder wo auch immer. Aber darum geht’s ja überhaupt nicht.
Es geht um das Gefühl – neudeutsch feeling – beim Laufen. Auf dem Radweg. Entlang der Enz. Es kann natürlich gerne auch ein anderer Fluss sein. Aber ich habe eben dieses feeling an der Enz. Besonders da. Jawoll. Und es muss Nacht sein. Also nicht so Nacht, wie damals der Wellington, als er auf den Blücher. Ne, so nicht. Schon anders.
Ja. Was wollte ich jetzt sagen? Also: ich beim Laufen, an der Enz, bei Nacht. Drei Elemente, wenn man mich dazu nimmt, sogar vier. Wenn ich ein Element bin. Habe ich noch nie drüber nachgedacht. Aber klar, könnte man ja.
Egal. Es geht um das Gefühl. Wie soll ich das jetzt ausdrücken?


Fangen wir vielleicht ganz von vorne an. Ist sicher auch das Beste. Also: Training ist fertig, du bist gestiefelt und gespornt. Klingt ein bisschen seltsam, wenn man bloß Laufschuhe und Sportkleidung anhat. Hat aber was, so ein Ausdruck. Klingt ein wenig martialisch. Also, du bist startklar – also ich natürlich. Ich rede ja von mir, wie das bei dir ist, weiß ich ja nicht. Aber ich sag jetzt eben mal immer du. Und du sagst: tschüss denn, ich lauf noch ein paar Kilometer, will jemand mit? Will natürlich keiner, die sind ja fertig mit dem Training. Aber da geht’s eben los, das feeling. Allein durch die Blicke. Da denkst du dir: die halten dich jetzt alle für bekloppt. Dass du hier in der Dunkelheit auf dem Radweg – schon klar, ne. Aber gleichzeitig denken die auch: Respekt. Der alte Sack läuft jetzt noch zehn Kilometer, und rennt sich dabei nichtmal die Birne ein. Und steckt das alles so locker weg, und ist noch nichtmal langsam dabei. Was weiß ich, was die alles denken. Aber das ganz bestimmt. Und da fängts einfach an, das feeling. Und das tut schonmal gut, richtig gut.
Und dann läufst du los. Über die Brücke, links rum, immer geradeaus. Zwei, drei Autos fahren vorbei. Nach dem Sportplatz von den Rugby-Jungs wechselst du quasi die Ebene. Nach den letzten Laternen. Nur noch der Radweg. Die paar Schlaglöcher und Unebenheiten kennst du im Schlaf. Oder eben im Dunklen.
Es ist Wahnsinn, welche Sinne du entwickelst. Du läufst und läufst und weißt ganz genau, wann du auf die andere Seite wechseln musst, weil es auf der vorherigen Seite uneben wird. Oder so. Du kennst die Bodenwellen, die dunklen Stellen. Und das gibt dir auch so ein Gefühl. Ist es Überlegenheit? Ist es …?




Weiß nicht. Ich muss noch mehr beschreiben.



Da kommen die Übergänge im Nachbardorf, vorbei am Stadion. Die Kurven, wenn es richtig ins Gelände geht. Die Kühle der Nacht, die du dann richtig spürst. Wie du merkst, dass du nicht zu langsam werden solltest, um nicht auszukühlen. Und du merkst, dass du trotz deines Tempos vollkommen sicher läufst. Da hast Du das auch aussem Kopp, dass da ein Stein liegen könnte oder so. Egal, den kickst Du einfach weg, wenn da einer … Da bist Du schon drüber weg.
Du läufst nicht im Tunnel, sondern in einer Mischung aus Ortskenntnis und Sicherheit, Vertrauen Dir selbst gegenüber. Selbstsicherheit, Selbstvertrauen – das ist gut.
Da kommt die Holzbrücke, die immer einen so hübschen Klang macht. Der dunkle Weg mit dieser einen Bodenwelle, die du genau kennst und trotzdem nicht immer verorten kannst. Du kämpfst jedes Mal mit ihr – und gewinnst. Dann die Unterführung. Beine heben – das ist Garant Nummer eins, um nicht zu fallen. Du kommst Dir manchmal ein bisschen doof vor, wie einer auf Stelzen, aber egal – das gehört hier einfach dazu. Dann das zweite Dorf. Es beginnt immer ganz verhalten, ein Gebäude nach dem anderen kommt hinzu. Ganz vorne rechts feiern sie manchmal ein wenig, hundert Meter weiter liegt noch der Geruch vom Hähnchenwagen in der Luft. Dann der Kreisverkehr, den du wie immer regelwidrig überquerst.
Dann kommt die letzte Gerade, ordentlich beleuchtet. Danach die Wende auf den oberen Weg. Der ist wieder dunkler und führt dich zurück ins Off. Du läufst wie in Trance. Unter der Bundesstraße durch, über die Enz hinweg. Da liegt wieder die weite Ebene, Flusslandschaft. Bei Tag treffe ich da häufig Reiher. Ob die auch bei Nacht da sind, so nahe am Weg?
Der Rückweg mit seinen Wechseln zwischen Licht und Dunkel. Alles vorhin schon gehabt, nur eben anders herum. Doch jetzt ist es noch ein wenig mehr Nacht.
Und du hast so total abgeschaltet. Die Sinne geschärft. Du hörst das Flügelschlagen von Motten, könntest durch Stahlplatten hindurchsehen. Du bist nicht müde.
Der ganze Tag ist bewältigt. Wer und was dir bei Tage begegnet ist; alles verarbeitet. Alles nicht mehr so wichtig.
Hej, du läufst durch die Nacht. Das macht nicht jeder. Aber du. Weil du es kannst und willst. Weil du diesen Willen aufbringst, das Können kommt von alleine. Du machst das, weil du es kannst. Das kommt vom Kopf her, die Beine, der Körper: das sind nur Werkzeuge.
Da sind wir wieder beim Gefühl. Frag dich, was du die ganze Zeit gedacht hast. Du wirst es kaum sagen können. Frag dich, was für ein Gefühl du hattest, du wirst es nicht benennen können.
Aber du hast es, das Gefühl. Und das ist gut.


30. August 2022

Kollegen 

Kollegen sein

 

auf Arbeit

 

beim Laufen

 

ist gut



Kollegen sein


über die Jahre weg

 

wenn Not am Mann ist

 

ist besser



 

Kollegen sein

 

ist der Beginn

 

Mensch sein

 

ist alles, was zählt

Widmung in meinem Roman „Das Land“ für Jürgen Conrads September 2022


Eine Zahl
für Regina

Eine Zahl nur

Macht sie mich aus?

Was sagt sie?

 

Eine Zahl nur

Wie viele andere auch

Bedeutsam?

 

Der Zahl geb ich’s

Bleu ihr ein

Sag, wer ich bin

 

Alles, alles

Bin ich, weiß ich, hab ich

Nur keine Zahl

 

Nur eine Zahl

Sie lässt mich kalt


Nachts auffem Fahrradweg
Was fürn Wort, auffem. So ähnlich wie zune, manchmal auch zuene, mit spezieller Betonung auf dem ersten e. Wers nicht versteht: da ist etwas geschlossen, zu eben. Ja, und auffem; da ist man eben drauf, auf dem Radweg oder wo auch immer. Aber darum geht’s ja überhaupt nicht.
Es geht um das Gefühl – neudeutsch feeling – beim Laufen. Auf dem Radweg. Entlang der Enz. Es kann natürlich gerne auch ein anderer Fluss sein. Aber ich habe eben dieses feeling an der Enz. Besonders da. Jawoll. Und es muss Nacht sein. Also nicht so Nacht, wie damals der Wellington, als er auf den Blücher. Ne, so nicht. Schon anders.
Ja. Was wollte ich jetzt sagen? Also: ich beim Laufen, an der Enz, bei Nacht. Drei Elemente, wenn man mich dazu nimmt, sogar vier. Wenn ich ein Element bin. Habe ich noch nie drüber nachgedacht. Aber klar, könnte man ja.
Egal. Es geht um das Gefühl. Wie soll ich das jetzt ausdrücken?


Fangen wir vielleicht ganz von vorne an. Ist sicher auch das Beste. Also: Training ist fertig, du bist gestiefelt und gespornt. Klingt ein bisschen seltsam, wenn man bloß Laufschuhe und Sportkleidung anhat. Hat aber was, so ein Ausdruck. Klingt ein wenig martialisch. Also, du bist startklar – also ich natürlich. Ich rede ja von mir, wie das bei dir ist, weiß ich ja nicht. Aber ich sag jetzt eben mal immer du. Und du sagst: tschüss denn, ich lauf noch ein paar Kilometer, will jemand mit? Will natürlich keiner, die sind ja fertig mit dem Training. Aber da geht’s eben los, das feeling. Allein durch die Blicke. Da denkst du dir: die halten dich jetzt alle für bekloppt. Dass du hier in der Dunkelheit auf dem Radweg – schon klar, ne. Aber gleichzeitig denken die auch: Respekt. Der alte Sack läuft jetzt noch zehn Kilometer, und rennt sich dabei nichtmal die Birne ein. Und steckt das alles so locker weg, und ist noch nichtmal langsam dabei. Was weiß ich, was die alles denken. Aber das ganz bestimmt. Und da fängts einfach an, das feeling. Und das tut schonmal gut, richtig gut.
Und dann läufst du los. Über die Brücke, links rum, immer geradeaus. Zwei, drei Autos fahren vorbei. Nach dem Sportplatz von den Rugby-Jungs wechselst du quasi die Ebene. Nach den letzten Laternen. Nur noch der Radweg. Die paar Schlaglöcher und Unebenheiten kennst du im Schlaf. Oder eben im Dunklen.
Es ist Wahnsinn, welche Sinne du entwickelst. Du läufst und läufst und weißt ganz genau, wann du auf die andere Seite wechseln musst, weil es auf der vorherigen Seite uneben wird. Oder so. Du kennst die Bodenwellen, die dunklen Stellen. Und das gibt dir auch so ein Gefühl. Ist es Überlegenheit? Ist es …?

Weiß nicht. Ich muss noch mehr beschreiben.

Da kommen die Übergänge im Nachbardorf, vorbei am Stadion. Die Kurven, wenn es richtig ins Gelände geht. Die Kühle der Nacht, die du dann richtig spürst. Wie du merkst, dass du nicht zu langsam werden solltest, um nicht auszukühlen. Und du merkst, dass du trotz deines Tempos vollkommen sicher läufst. Da hast Du das auch aussem Kopp, dass da ein Stein liegen könnte oder so. Egal, den kickst Du einfach weg, wenn da einer … Da bist Du schon drüber weg.
Du läufst nicht im Tunnel, sondern in einer Mischung aus Ortskenntnis und Sicherheit, Vertrauen Dir selbst gegenüber. Selbstsicherheit, Selbstvertrauen – das ist gut.
Da kommt die Holzbrücke, die immer einen so hübschen Klang macht. Der dunkle Weg mit dieser einen Bodenwelle, die du genau kennst und trotzdem nicht immer verorten kannst. Du kämpfst jedes Mal mit ihr – und gewinnst. Dann die Unterführung. Beine heben – das ist Garant Nummer eins, um nicht zu fallen. Du kommst Dir manchmal ein bisschen doof vor, wie einer auf Stelzen, aber egal – das gehört hier einfach dazu. Dann das zweite Dorf. Es beginnt immer ganz verhalten, ein Gebäude nach dem anderen kommt hinzu. Ganz vorne rechts feiern sie manchmal ein wenig, hundert Meter weiter liegt noch der Geruch vom Hähnchenwagen in der Luft. Dann der Kreisverkehr, den du wie immer regelwidrig überquerst.
Dann kommt die letzte Gerade, ordentlich beleuchtet. Danach die Wende auf den oberen Weg. Der ist wieder dunkler und führt dich zurück ins Off. Du läufst wie in Trance. Unter der Bundesstraße durch, über die Enz hinweg. Da liegt wieder die weite Ebene, Flusslandschaft. Bei Tag treffe ich da häufig Reiher. Ob die auch bei Nacht da sind, so nahe am Weg?
Der Rückweg mit seinen Wechseln zwischen Licht und Dunkel. Alles vorhin schon gehabt, nur eben anders herum. Doch jetzt ist es noch ein wenig mehr Nacht.
Und du hast so total abgeschaltet. Die Sinne geschärft. Du hörst das Flügelschlagen von Motten, könntest durch Stahlplatten hindurchsehen. Du bist nicht müde.
Der ganze Tag ist bewältigt. Wer und was dir bei Tage begegnet ist; alles verarbeitet. Alles nicht mehr so wichtig.
Hej, du läufst durch die Nacht. Das macht nicht jeder. Aber du. Weil du es kannst und willst. Weil du diesen Willen aufbringst, das Können kommt von alleine. Du machst das, weil du es kannst. Das kommt vom Kopf her, die Beine, der Körper: das sind nur Werkzeuge.
Da sind wir wieder beim Gefühl. Frag dich, was du die ganze Zeit gedacht hast. Du wirst es kaum sagen können. Frag dich, was für ein Gefühl du hattest, du wirst es nicht benennen können.
Aber du hast es, das Gefühl. Und das ist gut.

30. August 2022

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